Nachdem die Teilnehmenden des Infoseminars am Freitagnachmittag angereist waren, kamen sie zur Informations- und Vorstellungsrunde zusammen. Hier berichteten alle - Teilnehmende und Referierende –
Jutta Naßvon ihren Erlebnissen und Erfahrungen mit ihrer Erkrankung und wie sie damit umgehen. Nach dem Abendessen lernten sich dann alle bei einem gemeinsamen Spaziergang mit Einkehr am Rhein näher kennen.

Nach dem Frühstück am Samstagmorgen standen dann die ersten Vorträge auf dem Programm. Als erstes berichtete die 2. Vorsitzende des HDP, Jutta Naß, wie sie selber 2019 sehr skeptisch und voller Abneigung zum damaligen Infoseminar kam.
Sie war von ihrer Schwester dorthin mitgenommen worden. Das konnte doch nicht sein, hier sitzen ja fröhliche, glückliche Menschen, die Spaß haben – das war so gar nicht das Bild, dass sie von Dialysepflichtigen im Kopf hatte.
Die Informationen und Gespräche hatten sie beim damaligen Seminar so begeistert, dass sie am Ende einen Mitgliedsantrag ausfüllte und heute die 2. Vorsitzende des Vereins ist. Zwischenzeitlich hat sie,
nicht zuletzt mit der Unterstützung unserer Netzwerker, so nennen sich die „vernetzten Mitglieder des HDP“, den Sprung in die dialysetechnische Selbstständigkeit in Form von partnerloser Heimhämodialyse geschafft.

Sylvia WillDen ersten Vortrag in ihrem erst kurzen Vereinsleben im HDP hielt dann unser Mitglied Sylvia Will. Sie konnte noch ganz frisch von ihrem Einstieg in die Peritonealdialyse (PD, Bauchfelldialyse) berichten. Auch von ihren Schwierigkeiten
an Informationen zu gelangen. Erfahrungen mit Ärzten, die oftmals nicht die ergiebigste Infoquelle waren. Sie berichtete, wie sie erst lernen musste Informationen einzufordern, denn es konnte ja nicht sein, dass man über
ihren Kopf hinweg Entscheidungen traf, die man ihr aber nicht erklären wollte, oder konnte. Auch unser Netzwerktreffen im Frühjahr in Malsfeld kam in ihrem Vortrag vor, dass war ihre erste Reise mit PD – und das alleine.

Daniel MundtNach einer kurzen Kaffeepause berichtete Daniel Mundt, unser Mitglied mit der weitesten Anreise aus der nördlichsten Ecke Deutschlands mit seinem Vortrag „Einmal mit ,alles‘: Gesund, Dialyse, Transplantation und Heimdialyse“ von seinem
normalen Familienleben als Berufssoldat mit Hausbau usw. und wie dann eine plötzlich erkannte Nierenerkrankung alles durcheinandergebracht hat. Über die darauf folgenden Jahre hat er dann vom Beginn mit Zentrumsdialyse,
einer langjährigen Lebendnierenspende bis hin zur aktuellen Nierenersatztherapie, der Heimhämodialyse, den Teilnehmenden anschaulich Auskunft gegeben.

Edel u Kai BirkmannDer letzte Programmpunkt am Vormittag brachte ein wenig HomeSchooling-Feeling in den Tagungsraum. Aus organisatorischen Gründen konnte Edeltraud Birkmann, die Empfängerin der Lebendspende einer Niere ihres Ehemanns Kai nicht persönlich vor Ort sein, weshalb sie ihren gemeinsamen Vortrag via Videotelefonie dem Publikum vortrugen. Sie berichteten über ihre Erlebnisse mit einer blutgruppenungleichen Nierenlebendspende.

Nachdem uns nun die Gastroabteilung des Erbacher Hof mit einer Auswahl an leckeren Speisen in der Mittagspause versorgt hatte, folgte gegen 14.30 Uhr ein gemeinsamer Spaziergang zur Kirche St. Stephan, in der die berühmten Fenster von Marc Chagall zu besichtigen sind. Diese ließen wir uns durch einen Fremdenführer ausführlich erläutern.

Tobias CramerZurück in der Tagungsstätte folgte der Vortrag unseres erst vor einigen Monaten frisch nierentransplantierten Mitglieds Tobias Cramer, der nochmal  zurückblickend auf seine jahrelange Heimdialysezeit von den „TOP TEN seiner Dialysefehler“ mit einem Augenzwinkern berichtete. Der letzte Programmpunkt für den Samstag knüpfte technisch fast wieder beim Home Schooling an.
Die Firma Weltenmacher hatte uns Videomaterial zur Schulung von Peritoneal-Patient:innen mit VR-Brillen überlassen. VR steht für Virtual Reality. Das bedeutet, dass künftige Menschen mit Peritonealdialyse mittels einer Videobrille
sich in Lerngeschwindigkeit durch die Schulung arbeiten können. Einzelne Schritte können zum Beispiel so oft wiederholt werden, bis man sich als Betroffne:r sicher fühlt.

Einen gemütlichen Ausklang fanden alle bei bestem Sommerwetter in einem nahegelegenen Biergarten mit Rheinblick. Dabei wurden natürlich weiter Erfahrungen aus allen Lebensbereichen unter einander ausgetauscht.

Andrea Wessiepe Dem recht ausgiebigen Sonntagsfrühstück folgte unmittelbar der Vortrag von Andrea Wessiepe-Mengdehl mit dem Thema „Heimdialyseschulung aus Sicht der Pflegekraft“ folgen. Andrea ist Fachkrankenschwester für Nephrologie und Dialyse und hat unter anderem ein Mitglied unseres Vereins für die Heimhämodialyse geschult.

Jörg Rockenbach Als vorletzter Programmpunkt stand nun mein Vortrag an. „Heimdialyse – die aktuelle Situation aus Patientensicht“ war das Thema. Warum praktiziert nicht mal ein Prozent der Betroffenen Heimhämodialyse
und gerade mal knapp sieben Prozent Peritonealdialyse, obwohl in den Regularien andere Vorgehensweisen beschrieben werden? Zum Beispiel steht in einer Vereinbarung gemäß §135 Abs.2 des Sozialgesetzbuch V zur Ausführung und Abrechnung von Blutreinigungsverfahren unter §5, Punkt 7: „Für die Durchführung von Dialysebehandlungen als ,Zentrumsdialyse‘ gelten folgende Voraussetzungen: a. In der "Zentrumsdialyse" dürfen nur Patienten behandelt werden, welche auf Grund ihres Krankheitsbildes dieser Dialyseform bedürfen.“ (siehe https://diatra.info/135-2-SGB5) Dieser Text hinterlässt nicht nur mich mit Fragen. Doch wir bleiben dran, warum die Realität in Deutschland so gar nicht zu dieser Vereinbarung passt!!!

Den Abschluss des Infoseminars bildete dann die von der 2. Vorsitzenden, Jutta Naß, geleitete Abschlussrunde, in der die Teilnehmenden aufgefordert waren ihre Meinung offen zu äußern. Die Rückmeldungen über das Programm und die Inhalte waren durchweg positiv. So wurden wir darin bestärkt uns in Zukunft vermehrt auf unsere Erfahrungen und Kenntnisse aus der Mitgliederschaft zu verlassen und diese den Interessierten auf unseren Veranstaltungen zugänglich zu machen. Natürlich planen wir auch gerne, wenn Corona das zulässt, auch wieder Fachleute aus Medizin und Forschung ein.

Jörg Rockenbach